Dannenröder Appell
von Verkehrswende-Initiativen
für vom Weiterbau der A 49 betroffene Menschen
Ein Votum für ein besseres Ende der Autobahn A 49
Zur Bewahrung stabiler klimatischer Lebensbedingungen für die Menschen ist
die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Veränderung unserer Lebensgewohnheiten
unbestreitbar. Dazu bedarf es u.a. auch einer grundlegenden Neuausrichtung
der Verkehrspolitik.
Vor diesem Hintergrund treten wir für ein sofortiges bundesweites Moratorium
aller Straßenbauprojekte des Bundes und des Landes ein und fordern deren
Neubewertung unter dem Gesichtspunkt einer klimapolitisch notwendigen
Verkehrswende.
Für die zukünftige Verkehrspolitik müssen daher, neben Fuß- und Radverkehr,
schienengebundene und öffentliche Verkehrsträger zwingend Vorrang genießen.
Weite, infolge der Zentralisierung von Siedlungen und Produktionsstätten
erforderliche Pendelfahrten sind zu vermeiden und die raumordnerische Trennung
der Landschaft in Funktionsgebiete aufzulösen. Dazu gilt es vor allem, die
von Abwanderung betroffenen ländlichen Räume kulturell und wirtschaftlich zu
stärken.
Diese Prämissen sind eine Mindestanforderung zur Erreichung der auch von der
Landesregierung Hessen angestrebten Reduzierung der CO2-Emissionen aus
dem Sektor Verkehr. Erst am 13.12.2019 hat die hessische Umweltministerin
Priska Hinz eine schnelle Verkehrswende angemahnt, weil Hessen die CO2-Ziele
für 2020 mit nur 19% statt den erforderlichen 30% Reduktion deutlich verfehlt.
Dabei entfallen 40% der Emissionen auf den Verkehrssektor.
Bei einer solchen Zielsetzung relativiert sich der weitere Bedarf an Bundesfernstraßen
drastisch und vermindert sich die Rechtfertigung für Eingriffe in Natur
und Landschaft entsprechend. Der weitere Verlust der u.a. zur Erzeugung von
Lebensmitteln unverzichtbaren Böden muss ebenso gestoppt werden wie die
von weiteren Straßen ausgehende Belastung der Bevölkerung mit Stäuben,
Lärm und Abgasen.
Schon die Planrechtfertigung des Verkehrsprojektes A 49 für die Bauabschnitte
VKE 30 und 40 hält keiner ernsthaften Prüfung stand. Insbesondere konnte die
Planfeststellung für den Bau durch das nach der europäischen Flora-Fauna-
Habitat-Richtlinie ausgewiesene Natura 2000-FFH-Schutzgebiet Herrenwald nur
aufgrund der “Anerkennung zwingender Gründe des öffentlichen Interesses”
erfolgen. Die Fehlbeurteilung der Europäischen Kommission gründet in zum
Teil grotesker Weise auf Übersetzungsfehler, unrichtige Angaben des Bauträgers
Bundesrepublik Deutschland sowie auf missverständliche Formulierungen.
Eine dazu anhängige Petition an die EU-Kommission wird seit drei Jahren verschleppt.
Nach heutigen Maßstäben, die sich an den klimapolitischen Anforderungen der
heutigen Zeit sowie an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen der
zukünftigen Generationen ausrichten müssen, können alle öffentlichen, im Zusammenhang mit dem Weiterbau der A 49 bestehenden Interessen durch alternative
Maßnahmen erfüllt werden.
Selbst angesichts der Tatsache, dass für das Autobahnprojekt A 49 in den Bauabschnitten
von Bischhausen bis zur A 5 bei Gemünden Baurecht besteht und
sich der Bauabschnitt VKE 20 (Bischhausen – Frankenhain) in der Fertigstellung
befindet, schlagen wir die Herabstufung zu einer Bundesstraße sowie eine entsprechend
verkleinerte Ausgestaltung des Weiterbaus über Schwalmstadt hinaus
nach Süden vor. Dabei sind die regionalen Anforderungen an ein angemessenes
Straßenverkehrsnetz zu berücksichtigen.
Ein qualifizierter Abschluss der A 49 bedarf eines neuen, entsprechend ausgerichteten
Baurechts. Dies ist auch im Fall einer erfolgreichen Klage des BUND
anzustreben. Zur Erinnerung: Die erfolgreiche Klage eines Landwirts in den frühen
1990er Jahren gegen den Weiterbau der A 49 südlich Borken wurde seinerzeit
nicht zur Entwicklung einer verträglicheren Raumlösung für die regionalen
Verkehre genutzt. Dies ermöglichte erst das neue Aufleben des Weiterbaus vor
15 Jahren.
Ein neues Baurecht für einen qualifizierten Abschluss der A 49 muss insbesondere
auch den Durchgangsverkehrsnotstand in Schwalmstadt-Wiera sowie in
Neustadt berücksichtigen, der durch den enormen Durchgangsverkehr in diesen
Ortslagen entstanden ist.
Aus diesen Überlegungen lässt sich folgendes beispielhaftes Konzept zur Konkretisierung
einer Alternative zum Weiterbau der A 49 ableiten (s. auch zugehörige
Kartendarstellung):
Neues Baurecht sollte eine Umgehung von Neustadt und Wiera umfassen. Für
eine Bundesstraßenumgehungsstrecke könnte in Anbetracht der bereits durch
das Baurecht für die VKE 30 geschaffenen Entscheidungen auch die bislang geplante
Autobahntrasse in Betracht kommen. Im Westen von Neustadt ist die
Umgehungsstrecke an die bestehende B 454 anzubinden. Bei Bedarf sind im
nach Süden folgenden Straßennetz sowie im Verlauf der in Höhe Kirchhain
kreuzenden Ost-West-Bundesstraße B 62 als auch im Verlauf der Bundesstraße
B 3 einzelne umweltverträgliche Optimierungen anzustreben.
Zur dringenden Vermeidung einer Transitfunktion eines solchen alternativen
Streckennetzes ist die Klassifizierung als Autobahn im Norden auf den Abschnitt
bis Borken zu begrenzen und die Weiterführung nach Süden durch Herabstufung
zur Bundesstraße in der überregionalen verkehrlichen Bedeutung zu reduzieren.
Zur Stärkung des bedeutenden Industriestandortes Stadtallendorf sind die dort
vorhandenen Möglichkeiten zur Nutzung und zum Ausbau des schienengebundenen
Verkehrs zu ertüchtigen und auszubauen.
Die hier skizzierten Überlegungen einer klimabewussten Weiterführung der
A49-Planungen trägt den umweltpolitischen Anliegen und Forderungen im gesamten
Streckenverlauf zwischen Kassel und der A5 Rechnung:
– Der Dannenröder Wald kann erhalten bleiben
– Die Lärmbelastungen in Baunatal und Edermünde können
begrenzt werden
– Ein Verkehrskollaps in Schwalmstadt-Treysa auf der einzigen
örtlichen Durchgangsstraße kann vermieden werden
– Neustadt und Schwalmstadt-Wiera bekommen die
überfälligen Stadt- bzw. Ortsumgehungen
– Die B 3 wird entlastet, ohne die Orte völlig vom
verkehrlichen Geschehen abzuhängen
– Das Stadtallendorfer Trinkwasserschutzgebiet erfährt
keine neuen Beeinträchtigungen
– Stadtallendorf und Kirchhain erhalten durch einen zielgerichteten Ausbau
der bestehenden Landes- und Bundesstraßen leistungsfähige Anbindungen
an das überregionale Fernstraßennetz
– Das Flora-Fauna-Habitat Herrenwald bleibt unberührt
– Marburg und Homberg/Ohm brauchen aufgrund der Verteilung der Verkehrsflüsse
auf mehrere Stränge des Streckennetzes keine Mehrbelastung der
Stadtautobahn bzw. der Durchgangsstraßen zu befürchten
Dannenrod, den 22.12.2019
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Peter Wohlleben unterstützt unseren Protest gegen den Weiterbau der A49!